"Angst un' Jeld hatte mer noch nie!"

... oder wie aus einem Skitouren-Einsteiger-Kurs doch noch eine Fortgeschrittenen-Sause wurde. Ein Reisebericht aus dem Rätikon.

Eine Super-Truppe!

Donnerstagmorgen, 6.00 Uhr, Treffen bei Paravans in Hangelar: Tanja empfängt uns mit Kaffee, alle sind pünktlich und gut gelaunt, unser Guide Sascha wundert sich, dass er tatsächlich der Letzte ist, der eintrifft. Und dann geht es auch schon los. Unser "Taxi-Driver" Wolfgang kurbelt die ca. 650 km locker runter und wir kommen ohne Stau und mit netten Schwätzchen am Nachmittag in Küblis an. Beim "Caprez-Sport" wird das Material ausgeliehen, Tourenskier, Felle, Stöcke, Harscheisen und Schuhe, die Lawinenausrüstung (LVS, Schaufel, Sonde) bekommen wir von Sascha. Wir ziehen uns auf dem Parklplatz um, es geht noch ein paar Kilometer den Pass hoch und dann lassen wir den Bus auf einem Parkplatz zurück. Zum ersten Mal ziehe ich Felle auf Skier – die Schutzfolien abziehen und passgenau und faltenfrei auf die Belagseite des Skis kleben. Gar nicht so einfach, sie kleben wie Pech und einige meiner Haare verfangen sich darin. Heribert hilft mir beim Nesteln und ich vergesse prompt die Schutzfolien im Schnee...

Erster Aufstieg

Ca. 1 Stunde geht es auf einem breiten Weg bis zum Berghaus Sulzfluh hinauf, das für die nächsten 3 Tage unsere Basis sein wird. Meine Tourenskier sind sehr leicht, man gewöhnt sich schnell daran, dass man sie beim Gehen nicht anheben muss und verfällt bald in einen schlurfend-schiebenden Trott. Kurz vor unserem Ziel zeigt Sascha uns die perfekte Spitzkehre, ein wichtiges technisches Element für den Aufstieg im Gelände. Wir üben im Zickzack den Hang hinauf zu gehen und dabei gibt es schon den ein oder anderen Grund zur Heiterkeit ;-). Schließlich gelingt es aber allen und wir erreichen ohne Knoten in den Beinen unsere Unterkunft ... und die haut uns aus der Bindung!!

Ich hatte ein karges Matratzenlager erwartet aber wir bekamen ein freundliches, warmes 8er-Zimmer mit Stockbetten und pikobello Sanitäranlagen nebenan! Das Damenbad hatte ich als Quotenfrau mehr oder weniger für mich alleine. Dazu der urgemütliche Gastraum mit Kaminofen, Petroleumlampen und Kerzenschein zum Gourmet-Menü, allerfreundlichste Bedienung – einfach zum Wohlfühlen (Danke an Sonja, Kati und Ernst)! Wir geniessen auch das ein oder andere Helle oder ein Glas Rotwein und besprechen den nächsten Tag. Nach dem Abendessen gibt es draussen noch eine kurze Einweisung in unsere Lawinensuchgeräte, um 23.00 Uhr liegen alle im Bett. Bevor ich gute Nacht sagen kann, ist der erste Hardcore-Schnarcher schon zugange ...

Das Wetter meint es gut!

Um 6.30 Uhr sitzen wir am nächsten Morgen beim Frühstück und sind gespannt auf das, was da kommt. Die Bedingungen sind fantastisch: wolkenloser, blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und lediglich LWS 1-2. Mit gut getapten Fersen schlüpfe ich in meine Tourenstiefel und wir steigen langsam auf. Der Schafskopf ist unser heutiges Ziel. Anfangs fällt es nicht schwer, die Steigung ist mässig und wir machen viele Trinkpausen. Das Panorama ist fantastisch und wir genießen die Aussicht. Als es dann steiler wird, machen sich bei mir allerdings doch Fersen und Kondition bemerkbar. Jonas hat die gleichen Probleme und muss sich unterhalb des Gipfels ausruhen. Etwas weiter oben macht sich der Rest für die Abfahrt bereit, wir ziehen die Felle ab und stellen Bindung und Schuhe fest. In weiten Schwüngen geht es durch teils firnigen Schnee ins Tal. Die Kür nach der Pflicht gefällt mir sehr und ich ordne mich spontan in die Gruppe der abfahrtsorientierten Skitourer ein... 

Wir landen an einer großen Holzhütte mit Bänken davor, die sich ideal für eine Brotzeit anbieten. Wir essen und dösen in der Sonne, anschließend machen wir eine Einzelübung zur Verschüttetensuche. Wir sollen auf Zeit einen Sender, den Sascha im Schnee versteckt hat, orten und ausgraben. Wolfgang gewinnt, er ist der Schnellste.

Nach der Rast fällt es schwer, sich wieder aufzuraffen aber wir müssen bis zur Unterkunft noch ein gutes Stück aufsteigen. Das gibt meinen Fersen wohl den Rest. Denn nachdem ich oben angekommen, Schuhe und Socken ausgezogen habe, ziehe ich mir mitsamt dem Tape auch die Haut von den Euro-großen Blasen, die ich mir heute gelaufen habe.


Die Spreu vom Weizen

Tja, was soll man sagen – Jonas und ich waren am nächsten Tag raus. Seine Blasen waren noch schlimmer als meine, Wanderschuhe konnte er gerade noch ertragen. Ich konnte immerhin noch meine Skischuhe anziehen und habe es trotzdem genossen, alleine ein bisschen durch die Gegend zu ziehen. Der Rest der Truppe konnte also ohne uns Bremsanker richtig Gas geben, ihm stand das ganze Gelände offen. Und da zeigte sich Chris’ Gespür für Pulver und Firn. Ungeduldig zog er die Gruppe in die schattigen Nordhänge oder die fest gefrorenen und angefirnten Südhänge. Verdammt, war die Welt groß und vielfältig. Die Umrundung des Schallbergs führte sie via Rotschopf ins Montafon und via Antönier Joch zurück ins Prättigau und via Spitzenbüel zurück ins Berghaus. Skifahren von den ersten Sonnenstrahlen am Morgen bis in die flach stehende Abendsonne. Freiheit für die heimlichen Freerider in den Weiten des Rätikons!

Und danach in den Hot Tub!

In der Abendsonne mit einem kalten Bier in einem heißen Openair-Whirlpool mit Blick auf die Berge zu sitzen ist so ziemlich die genialste Krönung eines anstrengenden Tages!

Sascha, wir danken Dir ...

... für den bestvorbereitetsten, bestgelauntesten und lehrreichsten Kurztripp! Wir sagen AUF WIEDERSEHEN!

Wolfgang, Jens, Jonas, Heribert, Josef, Chris und Anke

Die wohl schönsten Sätze des Wochenendes:

Chris:"Da geht dia des Grinsen nimma aus'm Gsicht!"

Sascha:"Freiheit ist halt immer auch die Freiheit der anderen!"

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Orientierungslauf-Saison 2021: Ein Rückblick

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Ski-Orientierungslauf - Deutsche Meisterschaften 2021